Nachwahlbefragungen zur EU-Wahl 2019 zeigen einen deutlichen Widerspruch im Wahlverhalten junger Europäer:innen: Während 70% der Europäer:innen unter 25 eine positive Sicht auf die EU haben, nahmen nur 42% von ihnen an der EU-Wahl 2019 teil (Quelle: Eurobarometer Survey 91.5). Bei der EU-Wahl 2014 lag die Beteiligung sogar nur bei 28%. Dies ist problematisch aus Sicht der EU, weil eine gerine Wahlbeteiligung langfristig die Legitimität der EU-Prozesse in Frage stellen könnte.
Es wurde also folgende Challenge formuliert: Wie kann die EU es schaffen, junge Europäer:innen für die EU-Politik zu begeistern um somit eine langfristige Bindung der Jungen an die politischen Prozesse der EU (z.B. EU-Wahl, Petitionen, etc.) zu erreichen? Ziel der Challenge war es, eine innovative Lösung zu entwickeln, um sie bei der Konferenz zur Zukunft Europas1) einzureichen.
Das Challenge-Team, bestehend aus Annika, Emma, Viviana und Matheo, näherte sich der Aufgabe über die Methoden des Design Thinking. Durch zwei fiktive „Personas“ – Azubi Matvej aus Slowenien und Studentin Kathi aus Frankreich – diskutierte das Team, welche Mehrwerte junge Europäer:innen sehen müssen, um aktiver an der EU partizipieren zu wollen. Es wurde deutlich, dass insbesondere zwei Aspekte zu lösen sind: Erstens muss es für die Bürger:innen sichtbarer werden, welche Einflüsse EU-Entscheidungen auf ihr individuelles Leben haben. Zweitens muss eine niedrigschwellige Möglichkeit geschaffen werden, mit der junge Bürger:innen erstmals mit der EU in Verbindung treten können. So wurde auch sichtbar, dass die vielen bestehenden EU-Programme für junge Europäer:innen nie zur Zielgruppe durchdringen, weil kein ausreichendes Erstinteresse geweckt werden kann.
Als Lösung entwickelte das Challenge-Team das Konzept der Web-Plattform „NavigatEUr“, welches aus vier Kernelementen besteht:
- Um einen interaktiven und niedrigschwelligen Zugang zu ermöglichen, beginnt der NavigatEUr mit einem kurzen Quiz. Dieses erfragt die Lebenssituation und die generellen politischen Positionen der Teilnehmenden.
- Das Quiz ergibt eine Position des/r Teilnehmenden innerhalb des politischen Spektrums. Diese Position kann über soziale Medien mit Freunden geteilt werden. Um noch höhere Interaktivität zu erreichen, wird zudem ein Promi mit möglichst ähnlichen Ansichten gematcht (europäische Prominente haben das Quiz hierfür im Voraus ausgefüllt). Dieses Matching kann online geteilt werden, und soll einen Anreiz bieten, Freunde zur Teilnahme zu animieren.
- Basierend auf den politischen Ansichten des/r Teilnehmenden, die im Quiz ermittelt wurden, wird anschließend der/die passendste Abgeordnete des Europäischen Parlaments gematcht. Über direkt verlinkte Social Media Kanäle kann man dem/r Abgeordneten folgen. Zusätzlich werden, basierend auf der eigenen Lebenssituation, relevante bevorstehende Abstimmungen des EU-Parlaments präsentiert. Die Teilnehmenden können interaktiv ihre eigene Stimme zu den anstehenden Abstimmungen abgeben, und erhalten nach der Abstimmung eine Rückmeldung, wie das Parlament und andere Web-Teilnehmer abgestimmt haben. So wird erzielt, dass die jungen Teilnehmenden erkennen, in welcher Form Entscheidungen des EU-Parlaments ihr eigenes Leben beeinflussen.
- Zusätzlich werden den Teilnehmenden – basierend auf ihrer Lebenssituation – relevante EU-Programme (z.B. ERASMUS+, European Solidarity Corps, etc.) präsentiert. Durch die Individualisierung des Angebots wird ein höheres Interesse für die bestehenden EU-Programme erzielt.
Der NavigatEUr wurde zum Abschluss des Ideation Slam vorgestellt, und mit dem Europa-Abgeordneten Niklas Nienaß diskutiert. Das Konzept wurde positiv bewertet; zudem erhielt das Team weitere Tipps, um die Idee zu schärfen. Im Nachgang des Ideation Slam wurde die Idee bei der Konferenz zur Zukunft Europas eingereicht.
1) Die Konferenz zur Zukunft Europas ist ein politisches Programm, welches von der EU in den Jahren 2021 und 2022 durchgeführt wird. Über eine Online-Plattform können Bürger:innen Ideen einreichen, bewerten und diskutieren. Die best-bewerteten Ideen werden vom Europäischen Parlament aufgegriffen und diskutiert.
Bildquelle/Image Source: European Commission